Christoph 'Tappi' Tappesser im Interview

„Mit dem Hoden auf dem Boden.“ „Bollo der Bär mag Eier mit Speck (und hat ‘ne tolle Frau)“

Der 48 jährige Christoph „Tappi“ Tappesser aus Viersen hat immer was zu tun. Er singt seit über 20 Jahren bei der Band „Ranzig“, kümmert sich mit seinem Team von der Rockschicht darum, dass der Laden läuft und organisiert noch so einige andere Veranstaltungen im Kreis mit. Die bekannteste ist wohl das ‘‘Eier mit Speck‘‘-Festival am Hohen Busch, welches bereits seit elf Jahren jeden Sommer stattfindet. Sein Engagement für das kulturelle Angebot in Viersen hat ihm bereits sogar die bronzene Plakette der Stadt eingebracht. Tappi ist einer, der das Leben genießt und den Moment lebt, das ganze gepaart mit einer typisch niederrheinischen lockeren Art, macht ihn zu einem sehr angenehmen Gesellen. Wir haben uns mit ihm in der Rockschicht getroffen, um ein bisschen mehr über die Person mit der rauen Stimme zu erfahren. Wir hatten definitiv unseren Spaß und haben sehr viel gelacht. Außerdem haben wir so einige kleine, unerwartete Geschichten zu hören bekommen. Haben wir euch neugierig gemacht? Dann lest schnell weiter!

mV: Hi Tappi. Danke, dass du uns in die Rockschicht eingeladen hast und bereit bist, etwas über dich zu erzählen. Viele Leute in Viersen kennen dich bereits von der Rockschicht, als Sänger der Band ‘‘Ranzig‘‘ und Mitveranstalter und Moderator vom ‘‘Eier mit Speck‘‘. Sei so lieb und erzähl uns kurz, wie dein Leben vorher aussah und was du gemacht hast, bevor du dich als Veranstalter selbständig gemacht hast.

Tappi: Ich bin nach der zwölften vom Albertus-Magnus-Gymnasium abgegangen und hab dann bei Dohmen in Dülken eine Lehre als Autoschlosser angefangen.  Ich hab danach in dem Betrieb noch ein halbes Jahr als Geselle gearbeitet. Anschließend hab ich meinen Zivildienst gemacht. Das dauerte damals noch zwanzig Monate oder so. Für mich war das eine riesen Erfahrung, die ich auch nicht missen möchte. Ich hab hauptsächlich alte Leute und Kinder mit Behinderung transportiert. Ein bisschen Pflege hab ich auch gemacht, aber nicht viel. Dort hab ich auch einen Kollegen kennengelernt mit dem ich anschließend ein halbes Jahr in Australien und Neuseeland war. Als ich zurückkam, hatte mein Vater sein altes Geschäft verkauft und wollte zwei Häuser bauen, also haben wir im Prinzip mit drei Mann zwei Häuser gebaut. Meine damalige Frau hat dann eine Boutique in Gladbach aufgemacht. Da habe ich dann zwei Jahre als Damen-Oberbekleidungs-Verkäufer gearbeitet. Das ging mir aber dermaßen auf die Eier, da du nur rumgestanden und auf Kunden gewartet hast, und wenn dann mal eine kam, hörte man beim Blick in den Spiegel oft sowas wie: „Das bin nicht ich.“ Das war ganz, ganz schlimm. Nach ein paar weiteren Jobs, habe ich mich dann 2001 mit einem Kollegen selbständig gemacht. Wir wollten im Bahnhofsgebäude unter anderem sowas ähnliches wie jetzt in der Rockschicht machen und hatten nach einiger Zeit alles geplant. Die Finanzierung stand, alles war geregelt, wir hätten uns dafür richtig kräftig verschuldet. Deswegen bin ich im Nachhinein froh, dass es dann doch nicht geklappt hat. Die Bahn, die damals noch Pächter war, wollte nicht mehr und ist in der aller letzten Sekunde abgesprungen. Das war ein halbes Jahr verschenkte Arbeit. Mit dem Gewerbe, das ich dafür angemeldet hatte, hab ich dann erstmal Caterings gemacht und gleichzeitig wurde das mit Ranzig immer mehr. Bei Ranzig hab ich mich meistens um die Veranstaltungen wie zum Beispiel die CD-Präsentationen gekümmert. So habe ich dann mehr und mehr gelernt wie man sowas organisiert. Ich hatte zum Beispiel eine Liste mit acht lokalen Anbietern für Klohäuschen. Wer hat das schon?(lacht) Mit der Zeit hat sich dann der Rest ergeben.

mV: Wir sind ja hier heute in der Rockschicht. Wo ihr verschiedene Konzerte und Diskos veranstaltet. Wer steckt eigentlich, außer dir noch hinter der Rockschicht?

Tappi: Der Rockschichtverein sind gut 70 Leute. Diejenigen die eigentlich ständig was machen, sind allerdings nur vier Leute. Neben mir Michael Kaas, Ralf Gehlen und Jürgen Dorsch, der auch der Vorsitzende des Vereins ist. Die Vereinsmitglieder zahlen eine Jahresgebühr von 60 Euro, dafür haben die dann bei den Dorfdiskos freien Eintritt und ein Konzert im Jahr frei.

mV: Kann man dem Verein noch beitreten?

Tappi: Klar. Das ist der Rockschicht e.V. (anm. d. Red.: findet man im Internet)

Ohne gute Leute die da zusammen arbeiten und ohne den Verein würde das nicht funktionieren. Das würde auch nicht funktionieren, wenn wir nicht einmal im Monat eine Disko machen würden. Ich versuche einmal im Monat eine Disko zu machen und  einmal im Monat eine Tribute Band hier zu haben. Diese beiden Veranstaltungen mache ich eigentlich, um die zwei Bands die ich dann sonst noch im Monat buche zu finanzieren. Wir hatten zum Beispiel hier mal Lisa and the Lips. Das ist eine Soul-Sängerin mit Band aus den USA. Bei ihrem ersten Konzert waren nur 21 Leute da, das war aber ein absolutes Highlight in unserem Laden. Ein halbes Jahr später habe ich die direkt nochmal gebucht, da kamen dann direkt 120. So hatte sich das rumgesprochen. Das ist eine Band, die würde ich auch immer für das Eier mit Speck buchen, wenn das zeitlich mal passen würde. Trotzdem muss man den Abend mit den 21 Gästen ja erstmal finanziell verkraften können, um nochmal das Risiko einzugehen.

Ich mach das aber gerne. Ich mache das auch gerne in Viersen. In Mönchengladbach hätte ich da nicht so Bock drauf. Es ist zwar nicht leichter hier was zu machen, auf keinen Fall, aber irgendwie fühlt sich das richtiger an. Hier weiss ich, was man den Leuten zumuten kann, sowohl musikalisch als auch finanziell. Trotzdem: Bei den Karnevalspartys zum Beispiel tun sich die Leute zum Teil immer noch schwer damit, dass sie hier Eintritt zahlen müssen. Früher war der Lückenfüller an Altweiber draussen und umsonst, da wurden dann über die Jahre immer mehr eigene Getränke mitgebracht und an unseren Ständen immer weniger verzehrt. Dann stehst du da mit deinen Kosten und alle wundern sich, dass die Party plötzlich innen stattfindet und Eintritt kostet. Aber anders kannst du sowas ja leider nicht anbieten, wenn du keine finanzkräftgen Sponsoren hast.

mV: Du singst bei Ranzig und ihr seid schon lange dabei. Erzähl doch bitte mal kurz, wie das mit der Band angefangen hat.

Tappi: Ranzig gibt es seit 23 Jahren. 1994, da war ich 25, bin ich als letzter zu Ranzig dazu gekommen, weil ich vorher noch in Australien war. Der Grund warum es Ranzig gibt, war eigentlich, dass man als Band mit eigenen Songs, kaum Plätze fand, wo man auftreten konnte. Zu der Zeit waren die Kneipen einfach noch relativ voll und wenn du da als Band ankamst und sagtest: „Wir wollen spielen!“, kam nur die Antwort: „Nö, ihr nehmt uns nur Platz weg.“ Wir haben dann mit Ranzig Coversongs gemacht. Also nicht so Top 40, sondern eher so abgefuckte Hardrock-Sachen. Und dann auch immer mehr Punk. Das mit dem Punk lag hauptsächlich an meiner Stimme (lacht). Die Jungs hätten lieber was anderes gespielt, aber das geht mit meiner Stimme einfach nicht.

mV: Wieviel Zeit bleibt dir denn neben den anderen Sachen noch für Ranzig?

Tappi: Ich dachte du wolltest fragen „… im Leben.“ (lacht). Nö, Ranzig geht immer vor. Wenn wir ein Konzert haben, dann bin ich halt nicht in der Rockschicht. Dafür sind wir ja zu viert. Aber das ist auch nicht mehr so viel wie früher. Es gibt einfach auch vieles was wir nicht mehr machen, wie Schützenfeste. Ein paar wenige Ausnahmen gibt es aber auch da. Weil da manchmal echt Sachen dabei sind…leck mich am Arsch. Ob wir über zwei Stunden auf unsere Kohle warten mussten oder uns irgendwelche Idioten anbrüllten, weil angeblich zu viel Nebel im Zelt wäre, irgendein Hansi absichtlich den Strom abgeschaltet hat usw. So Dinger haben wir ohne Ende gehabt. Aber aus solchen Geschichten kann man auch was lernen. Wenn man selber weiß, was am Ende wichtig ist für die Bands und wenn es nur so Kleinigkeiten sind, wie belegte Brötchen und Kaffee bei Ankunft oder sowas, dann ist das natürlich nicht verkehrt, wenn man das als Veranstalter selber macht. Das freut die Bands und die kommen dann gerne wieder. Wir kümmern uns immer sehr um die Bands, zumindest versuchen wir das im Rahmen unserer Möglichkeiten. Wir hatten auch mal „Jaya the Cat“ hier, die wollten immer mal mit so einem Motorrad mit Seitenwagen fahren. Dann haben wir zwei klar gemacht und sind mit denen eine Runde gefahren.

mV: Kannst du nochmal für die Leser, die ‘‘Luft und Pumpe‘‘ noch nicht kennen, kurz erklären was das ist?

Tappi: Im Prinzip ist das wie ein Kneipenfest nur mit Fahrrädern. Und ohne Kneipen. Und ohne Bands. (lacht)

mV: Wie hat das ganze denn angefangen?

Tappi: Ich gehöre zu den Leuten, die hier gerne leben. Auch wenn viele diese Meinung nicht teilen. Der Niederrhein ist eigentlich ganz nett. Deshalb wollte ich eine Fahrradtour machen, bei der man an verschiedenen Orten Künstler hat. Das sollten aber keine Kneipen sein und keine typische Veranstaltungsorte, eher so: Der Nachbar macht seine Scheune auf und zeigt den Leuten seinen Hof. So hat das eigentlich auch angefangen. Wir haben vier Orte, wo wir kleine Bühnen aufbauen. Da treten dann Stand Up Comedians auf. Ich hätte auch gerne mal Artisten oder so, aber das können wir in der Regel nicht bezahlen. Das Ganze fängt auf dem Hof vom Markus Heines, einem Schreiner aus Süchteln an, da tritt dann der erste Künstler auf. Gefolgt von einer Rundtour an die verschiedenen Orte und am Ende trifft sich alles wieder beim Heines.

Wer will, kann dabei auch an einer Art Schnitzeljagd teilnehmen. Man bekommt einen Zettel und kann mitspielen. Natürlich gibt es auch was zu gewinnen, wir haben immer drei Hauptpreise und ein paar Trostpreise. Vorheriges Jahr hatten wir zum Beispiel einen Sponsor, der hat ein Wasserbett für zweieinhalb Mille spendiert. Oder mal ein Fahrrad. Am Ende gibt es immer noch ein bisschen Mucke. Wir versuchen da eher so Gipsy-mäßige Bands zu nehmen, was nicht immer so klappt, da es ja nicht so viele Bands in dem Bereich gibt. Wir machen das jetzt sieben Jahre und 2015 waren wir das erste Mal ausverkauft. In dem Jahr hatten wir auch das erste Mal gutes Wetter. (lacht)

mV: Kommen wir zum Eier mit Speck: Zusammen mit Christoph Jinkertz, Saori und Jürgen Haigh bist du ja einer der Mitveranstalter. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, sowas in Viersen auf die Beine zu stellen?

Tappi: Das war nicht meine Idee, ich bin einfach nur gefragt worden, ob ich mitmache. Jürgen und Saori hatten zu der Zeit die Trafostation in Viersen und wollten halt im Sommer ein Festival machen, weil die in der Trafostation immer ein Sommerloch hatten. Am Anfang habe ich selber noch nicht so viel davon gehalten, weil es im Prinzip relativ schwierig ist, die Leute dahin zu kriegen. Ich war ja auch damals auf den Festivals die der Edu (Anm. d. Red.: Hermano Booking) gemacht hatte. Eines davon war am Ransberg und eines am Hohen Busch, die waren beide Top, und trotzdem kamen kaum Leute. Dann hab ich halt gesagt: „Ich mache mit, aber dann müssen wir irgendwie was anderes machen.“ Also haben wir direkt entschieden, dass wir drei Tage mit zelten und Frühstück machen. Am Anfang hatten wir jeden Tag eine Tribute-Band, damit die Leute kommen. Was auch geklappt hat. An dem ersten Samstag hatten wir dann auch 800 Leute und 15 Zelte. Damals war noch alles auf einem Platz, dort wo heute der Festival-Platz ist. Eigentlich haben wir uns gedacht, wir machen das mal und gucken, ob es klappt. Mit den Jahren wurden die Leute immer mehr und wir waren auch nicht mehr auf die Cover-Bands angewiesen. Aber hätten wir vor elf Jahren gewusst, welche Kosten da dranhängen, hätten wir das nie gemacht. Das ist echt Wahnsinn. Es ist jetzt seit vier Jahren immer ausverkauft und größer wollen wir es auch nicht machen.

mV: Welches war dann der erste große Act beim Eier mit Speck?

Tappi: Der erste große Headliner war für uns „Pothead“ aus Berlin. Ich glaube, die waren sogar im ersten Jahr da.

mV: Wie sucht ihr die Bands aus?

Tappi: Meistens entscheiden wir zu dritt. Jeder macht mal einen Vorschlag und der wird dann mehr oder weniger gut angenommen. Eigentlich sind wir uns bei 60-70% der Vorschläge einig. Aber es gab auch schon mal ein bisschen Streit. (lacht)

mV: Hattet ihr auch mal junge Talente da, die später groß geworden sind?

Tappi: Ja, das war „Volbeat“ halt. Marteria hatten wir 2012 auch mal da. Aber die kriegen wir wohl jetzt beide nicht mehr. (lacht)

mV: Wann beginnt ihr mit den Vorbereitungen für das EMS?

Tappi: Mit Eier mit Speck bin ich weit über ein halbes Jahr beschäftigt, eher ein ganzes - bis nach einem EMS alles durch ist mit Steuern und so. Dann machen wir im Oktober noch eine Party für die Helfer. Im November machen wir mal gar nichts und fangen im Dezember wieder an, das Nächste vorzubereiten.

mV: Wie kamt ihr auf das Gimmick mit dem Eier mit Speck-Frühstück?

Gypsy Rose Lee, die Striptänzerin, hat immer so sinngemäß gesagt: „Nur strippen ist doof, man braucht dabei auch immer ein Gimmick.“ So eine Feder-Boa oder so. Auf der Suche nach einem Gimmick, und weil der Budda ja gelernter Koch ist, sind wir dann auf das Frühstück gekommen. „Eier mit Speck“ war anfangs nur als Arbeitstitel gedacht. Bis dann der Vertriebsleiter von Diebels sagte: „Wieso? Der Name is‘ doch jut.“ und dann haben wir es halt so gelassen.

mV: Hast du auch noch Zeit das Festival selbst zu genießen?

Tappi: Ich selbst habe eigentlich noch ziemlich viel von dem Festival. Ich sag ja jede Band an, dann gehe ich nach draußen und hör mir noch ein paar Stücke an, kommt aber auch immer so in bißchen drauf an, wieviele Leute mich anquatschen. Das ist mit den Jahren immer mehr geworden. Früher konnte ich noch über den Platz laufen und dann haben dich zwei Leute angequatscht. Heute quatschen dich aber zwanzig an. Und jeder will nur mal ganz kurz und labert dann fünf Minuten auf dich ein. Dann stehst du da und bekommst von der Band nichts mehr mit. Das ist ja auch nicht böse gemeint. Wenn mich jemand was fragt, dann antworte ich ja auch vernünftig. Vor allem je später der Abend ist, umso betrunkener werden die. Und umso mehr rotzen die und du verstehst kein Wort. Wenn ich ein Funkgerät dabei habe, tu ich dann gerne mal so, als hätte man mich wegen was wichtigen angefunkt. (lacht) Deswegen bleibe ich mittlerweile dann auch öfter lieber mal hinten im Backstage, insbesondere dann, wenn ich von den Bands auch was mitbekommen möchte.

mV: Was war das für eine Story mit dem nackten Mann auf dem Eier mit Speck im Jahr 2016?

Tappi: Das waren sogar zwei. Einmal der Meista Fader von der ‘‘Trash Dance“, der saß bei „Fünf Sterne Deluxe“ auf der Bühne. Und der andere hatte bei den „Donots“ blank gezogen und ist Crowd surfen gegangen.

mV: Gibt es irgendwelche lustigen Backstage Geschichten, die du uns erzählen kannst?

Tappi: Ach da gibt es einiges. Ob es der Manager der „Fish Brothers“ war, der morgens dem Keyboardkoffer entstieg, oder einer unserer Helfer, der sich von anderen Helfern und einem der Jungs von „Skinny Lister“ alte Gitarren auf dem Kopf zerkloppen ließ.

Das ist immer ganz nett. Auch wenn es viel Arbeit ist und Nerven kostet. Freitags denkst du dir immer „Das machst du nie mehr!“, aber sonntags denkst du schon wieder: „Boah geil! Das machen wir nächstes Jahr wieder!“ Das ist wirklich so. Jedes Jahr.

mV: Du singst bei Ranzig, hast das Eier mit Speck von Anfang an mit organisiert, du machst die Rockschicht, Luft und Pumpe usw. Das ist schon nicht wenig. Machst du noch irgendwas nebenbei von dem die Leute in der Regel nichts wissen?

Tappi: Ich übersetze auch noch holländische Kinderlieder ins deutsche und singe die teilweise ein.

Das sind so Minidisko-Sachen, wo die Texte so gestaltet sind, dass die Reime dann auch immer Choreographien ergeben. Was im holländischem funktioniert, muss ich dann ins deutsche wieder so übersetzen, dass es sich auch wieder reimt und am Ende wieder zur Choreographie und der Musik passt. Das ist gar nicht so leicht. Wenn das im holländischen heißt, „met de voeten op de grond“ was machst du da auf Deutsch? Auf Boden, reimt sich leider nur Hoden. (lacht)

Wenn du mal auf Mallorca in so einen Kidsclub kommst, kannst du mich hören. Die Mucke hat sogar eine goldene Schallplatte geholt. (lacht) Oder wenn ihr Bollo den Bär von Landal GreenParks kennt, den hab ich auch eingesprochen.

mV: Das kam jetzt mal unerwartet. Wie kommt man an so einen Job?

Tappi: Ich habe eine bekannte, die im Marketing-Bereich eines Blumenparks in Holland gearbeitet hat. Ich hab dann damit angefangen, alles was im Park ausgeschildert war zu übersetzen, da waren dann auch so Sachen wie Bio Mach Asa2 Teichfilter System (lacht), das verstehst du auf Deutsch ja schon nicht. Aber halt dann auch die Namen der Blumen usw. Über diese Bekannte bin ich dann später an diese Textübersetzung gekommen. Was mir auch besser liegt, als diese Rosen und was weiß ich was. Ich hab nicht so den grünen Daumen sag ich mal. (lacht)

mV: Was ist dein Antrieb? Warum machst du all diese Sachen und Veranstaltungen?

Tappi: Keine Ahnung, wahrscheinliche aus dem gleichen Grund, warum ihr das hier macht. (lacht)

mV: Ok, aber steckte da ein Plan hinter?

Tappi: Nee, nee. Da war überhaupt nichts geplant, ich bin in alles reingerutscht, ohne Scheiß. Ich bin bei Ranzig reingerutscht, also die haben mich gefragt, ob ich bei denen singen will. Bei vielen anderen Dingen war es ähnlich. Ich denke da auch nie drüber nach, warum ich das mache. Ich häng da drin und mache das gerne. Ich habe aber tatsächlich Spaß daran, wenn Leute einen schönen Abend haben. Auf der anderen Seite ärgert es mich, was die meisten Leute so hören. Es gibt so gute Bands, die kaum einer kennt und irgendein Scheiß wird gehyped. Mich ärgert auch was Leute im Fernsehen gucken. Mich ärgert, dass es so unglaublich viele Leute gibt die nichts mehr mitkriegen. Umso mehr freut es mich dann, wenn ich so einen Abend mache, und dann kommen Leute. Selbst wenn sie RTL gucken, oder sogar RTL2 gucken. (lacht) Dass ich sogar von denen noch fünf Leute hier hinkriege, die dann sagen: „Oh, dat war aber en nettes Konzert.“ Das ist auch nicht überheblich gemeint, aber wir verblöden doch alle. Das bringt aber nichts, wenn man dann nur rummeckert: „Guck doch nicht dat, mach doch nicht dat.“ Man muss den Leuten auch was anbieten, damit sie eventuell selbst mal auf die Idee kommen, da mal hin zu gehen. Trotz allem, ich mache das nicht deswegen damit die Leute mal vom Fernseher weg kommen, mich freut das nur hinterher.

mV: Gibt es von all den Sachen die du so machst, etwas das du am liebsten machst oder auf das du am ehesten verzichten würdest?

Tappi: Nö, hab ich eigentlich nicht. Also was mir jetzt am liebsten wär. Aber auf was ich am ehesten verzichten könnte, das wäre diese Minidisko-Sache. Dat ist halt so doof. „Met de voeten op de grond“. Das ist immer dasselbe. „Wir drehen uns im Kreis“, wir machen dies, wir machen das und alle singen „ja!“. Das ist eigentlich nur anstrengend. Die covern dann irgendeine Nummer, so ganz schlimme Mucke, „Cotton Eye Joe“ von Rednex oder sowas, und machen da einen holländischen Text drauf. Von den Männerstimmen singe ich ungefähr die Hälfte, weil meine Stimme für die anderen nicht passt. Dann muss ich mich ja auch noch konzentrieren das sauber einzusingen, und nicht meinen klassischen Niederrheiner-Dialekt rauszulassen. Das Ganze muss dann inklusive aller Backgroundstimmen bis zu zehn Mal eingesungen werden. Danach hast du die Nerven blank, wenn du da raus bist. Also darauf könnte ich tatsächlich verzichten, das muss ich nicht unbedingt haben. Auf der anderen Seite: Et is ja für die Kinder!

mV: Danke für das lustige und interessante Gespräch. Möchtest du noch abschließend was sagen?

Tappi: Ich hab auch eine sehr liebe und tolerante Frau. Also die liebt auch Live-Musik und hilft viel, das würde sicherlich nicht jede Frau so mitmachen. Klar, manchmal sagt sie mir auch mal: „Jetzt reicht es aber, dieses Wochenende mal nicht.“ Das ist ja auch ganz gut, damit man sich nicht übernimmt. Aber das ist nun mal mein Job. Wenn ich jetzt Koch wäre und immer am Wochenende arbeiten müsste, dann wäre das ja auch nicht anders. Dann wäre die nur dicker. Bei mir gibt es aber nur Brot. (lacht) Aber das ist schon gut so wie es ist. Wenn du bei dem Job jemanden hast, der dich da machen lässt und dich auch unterstützt, hast du schon fast gewonnen.

Wenn man sowas macht wie ich, dann darf man sich keine Gedanken darüber machen was mit 65 ist. Das ist schon auf der einen Seite relativ blauäugig, aber auf der anderen Seite lebt man jetzt und nicht in dreißig Jahren. Wenn ich morgen tot umfalle und das eine Stunde vorher wüsste, würde ich sagen „Pfff! Alles in Ordnung.“ Ich würde mir nicht vorwerfen, dass ich irgendwas hätte anders machen sollen oder so. Alles, was ich so machen wollte, habe ich auch irgendwie hinbekommen.

mV: Gute abschließende Worte. Ich glaube, dass können nicht viele von sich behaupten. Vielen Dank für das Gespräch, Tappi. Alles Gute weiterhin!

Interview: Angelo Rossié, Stefan Weimbs, Marcin Wrobel
Bild: Andreas Döring

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